Test: BMW F900XR

Bruder im Geiste

Mit der F900XR überträgt BMW das erfolgreiche XR-Sport-Tourer-Konzept von der Big-Bike in die derzeit äusserst beliebte Mittelklasse. Dabei orientieren sich die Marke an der S1000XR.

Veröffentlicht am 19.02.2020
Fazit:
«Den bärenstarken Schub der S1000XR kann die F900XR zwar nicht bieten, doch macht die «Kleine» nahezu alles ebenso gut. Im Winkelwerk enger Passstrassen hat sie sogar die Nase vorn. Einzig die reichhaltige Sonderausstattung geht ins Geld.»
Serienmässig: 6.5-Zoll-TFT-Farb-display mit Connectivity und jeder Menge Infos.

Serienmässig: 6.5-Zoll-TFT-Farb-display mit Connectivity und jeder Menge Infos.

Optional: Der Quickshifter für kupp-lungsloses Rauf- und Runterschalten kostet 420 Franken.

Optional: Der Quickshifter für kupp-lungsloses Rauf- und Runterschalten kostet 420 Franken.

Alles im Griff: Multicontroller (Dreh- rad) und weitere Bedienelemente.

Alles im Griff: Multicontroller (Dreh- rad) und weitere Bedienelemente.

Sportlich bequem: aufrechte, leicht nach vorn geneigte Sitzposition.

Sportlich bequem: aufrechte, leicht nach vorn geneigte Sitzposition.

Vom Feinsten: Die vorderen Brembos beissen bei Bedarf kraftvoll zu.

Vom Feinsten: Die vorderen Brembos beissen bei Bedarf kraftvoll zu.

Sportlich-elegant: Der XR-Transfer in die Mittelklasse ist gelungen – sowohl in optischer als auch in dynamischer Hinsicht.

Sportlich-elegant: Der XR-Transfer in die Mittelklasse ist gelungen – sowohl in optischer als auch in dynamischer Hinsicht.

Praktisch: Ergonomisch korrekt geformte und gut positionierte Haltegriffe für den Hinterbänkler.

Praktisch: Ergonomisch korrekt geformte und gut positionierte Haltegriffe für den Hinterbänkler.

Wirkungsvoll: Das höhenver-stellbare Windschild kann selbst während der Fahrt bequem mit einer Hand bedient werden.

Wirkungsvoll: Das höhenver-stellbare Windschild kann selbst während der Fahrt bequem mit einer Hand bedient werden.

In der Motorradbranche ist der Trend zum allgemeinen Down-sizing unübersehbar. Waren unlängst insbesondere hubraumstarke Bikes mit über 1000 cm3 die grossen Renner, liegen heute eher handliche und preiswertere Mittelklasse-Motorräder im Fokus der zunehmend jüngeren Kundschaft. Der Trend zu weniger leistungsstarken Fahrzeugen zeigt sich auch in anderen europäischen Ländern. Mit der F900XR rüstet BMW in der Mittelklasse mächtig auf.

Doch was heisst Mittelklasse? Mit bis zu 130 PS trumpfen einzelne Modelle dieses Segments mit einem Leistungspotenzial auf, das bis vor wenigen Jahren noch Bikes mit mehr als 1000 cm3 vorbehalten war. Was die F900XR betrifft, sind es 105 PS. Das ist mehr als genug. Übrigens: Eine XR gibt es bereits im BMW-Angebot. Mit der S1000XR schlagen die Weissblauen die Brücke zwischen Sport und Touring. Vom Superbike S1000RR stammt der kraftvolle Reihenvierer, von der Boxer-GS die entspannte, aufrechte Sitzposition.

Wie aus dem Gesicht geschnitten

Mit der F900XR überträgt BMW das erfolgreiche Sport-Touring-Konzept in die Mittelklasse. Sie ist etwas kleiner, schlanker und leichter, doch davon abgesehen der grossen XR-Schwester wie aus dem Gesicht geschnitten. Die markante Frontverkleidung mit integriertem Doppelscheinwerfer, die aerodynamische und sportlich gezeichnete Verkleidung und die kurze Heckpartie bringen die Einsatzreviere der «kleinen» XR in formensprachlicher Hinsicht auf den Punkt. Und selbst bezüglich Serienausstattung steht die 900er ihrem grossen Bruder in nichts nach. Rundum LED-Beleuchtung, Connectivity, Fahrmodi Pro, Kurven-ABS und -Traktionskontrolle, Motor-Schleppmoment-Regelung (MSR) und Dynamic Brake Control (DBC) sind ebenso bereits als Grundausstattung mit an Bord wie das höhenverstellbare Windschild, Kofferhalter, Heizgriffe und einstellbare Handhebel.

So ausgestattet, sind 12 300 Franken fällig. Die meisten Interessenten werden sich darüber hinaus für die drei optionalen Ausstattungspakete «Komfort» (elektronisches Fahrwerk, Keyless-Ride, Zentralständer, 780 Fr.), «Touring» (Tempomat, Navi-Vorbereitung, 480 Fr.) «Dynamik» (Kurvenlicht, Quickshifter, 720 Fr.) sowie eine der beiden Ausstattungsvarianten «Sport» oder «Exclusive» (div. Farb- und Design-Updates, 230 Fr.) gönnen. Damit steigt der Preis auf 14 510 Franken an. Und mit Diebstahlwarnanlage, intelligentem Notruf, Handschützern, Seitenkoffern und weiteren Optionen ist die magische Marke von 15 000 Franken schnell erreicht oder gar überschritten.

Ein echtes Highlight in dieser Klasse ist das 6,5 Zoll grosse, in jeder Situation blendfrei ablesbare Farb-TFT-Display mit Bordcomputer. Die integrierte BMW-Motorrad-Connectivity offeriert die Möglichkeit, während der Fahrt via Bluetooth zu telefonieren, über USB Musik zu hören, zu navigieren und Routen aufzuzeichnen. Dabei werden mehr als nur Streckenverlauf, Distanz, Durchschnittsgeschwindigkeit und -verbrauch auf das Smartphone übertragen. Selbst die Regeleinsätze von ABS und Traktionskontrolle, die G-Kräfte beim Beschleunigen und Bremsen sowie die Schräglagenwinkel jeder gefahrenen Kurve sind abrufbar. Bedient wird das Ganze bequem mit einem am linken Lenkergriff positionierten Multicontroller.

Komfortabel und wieselflink

Der im Hubraum grössere Zweizylinder-Reihenmotor aus der F850GS leistet nun satte 105 PS und glänzt mit einem fülligeren Drehmomentverlauf. Antihopping-Kupplung und MSR zählen ebenso zu den besonderen Features wie vier wählbare Fahrmodi. So wie die GS-Modelle der F-Baureihe setzt auch die neue XR auf einen Brückenrahmen aus Stahl, welcher den Motor als tragendes Element integriert. Das Vorderrad wird von einer Upside-down-Gabel mit 170 Millimeter Federweg geführt, hinten kommt eine Zweiarmschwinge mit Zentralfederbein zum Einsatz. Das optionale elektronische Fahrwerk ESA passt überdies die Dämpfung des Federbeins permanent automatisch dem aktuellen Fahrzustand an.

Unterschiedlich stark gepolsterte Sitzbänke und variable Sitzhöhen ermöglichen die perfekte Position. Gut geschützt vor Wind und Regen, lässt es sich komfortabel und entspannt zügig über die Autobahn cruisen. Die XR kann auch richtig sportlich: Sie beschleunigt druckvoll aus Kurven, bremst sicher sowie zielgenau ein und lässt sich obendrein wieselflink von einer Schräglage auf die gegenüberliegende Seite
umlegen. Gasannahme und Kraftentfaltung entsprechen den gewählten Fahrmodi: sanft und zurückhaltend im Modus «Rain», druckvoll, ja explosiv, im «Dynamic»-Modus – das ganz besonders, wenn die Gänge ohne Kupplung mit dem Quickshifter sportlich und verzögerungsfrei rauf- und runtergeschaltet werden.

Text: Hanspeter Küffer / Fotos: Jörg Künstle, Arno Dübis

BMW F900XR

 

Flüssigkeitsgekühlter Reihenzweizylinder-
Viertakter, 895 cm3,
DOHC, 4 Ventile,
77 kW/105 PS bei 8500/min,
92 Nm bei 6500/min, Sechsganggetriebe, Kette, Stahlbrückenrahmen,
Upside-down-Gabel vorn, Monofederbein hinten, Federweg v./h. 170/172 mm, Reifen v., h. 120/70ZR17, 180/55ZR17,
Gewicht vollgetankt 219 kg, Sitzhöhe 825 mm
(optional 770–875 mm),
Tankinhalt 13 l,
Verbrauch 4,2 l/100 km, Spitze über 200 km/h,
Preis: 12 300 Franken.

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