Robin Road

Übergewicht ist ungesund

Sie erinnern sich bestimmt an die diesjährige Juni-Ausgabe: Logistiker Toni wurde wegen Überlast angezeigt. Er soll seinen Lieferwagen mit mehr als einer halben Tonne überladen haben. Bei der Nachmessung des Leergewichts fand Toni zu seinem Erstaunen heraus, dass das Leergewicht im Fahrzeugausweis nicht stimmte. Jetzt gibt es zu diesem Fall ein Update.

Veröffentlicht am 21.11.2021

Rund 300 Kilogramm wog allein das Zugfahrzeug mehr, als im Fahrzeugausweis unter Leergewicht eingetragen war. In der ai 06/2021 war der Fall noch hängig und die Frage unbeantwortet, was nun gilt: Das Leergewicht im Fahrzeugausweis oder das effektiv gemessene?

Der Fall ist mittlerweile abgeschlossen und das Resultat lässt sich sehen: Im Fall von Toni lenkte die Staatsanwaltschaft ein. Sie ging vom Leergewicht im amtlichen Fahrzeugausweis aus und nicht vom effektiven und viel höheren Leergewicht. Da Toni aber auch dann noch zu viel geladen hatte, kam Toni nicht ungestraft davon. Die Busse wurde zwar nur um einen Fünftel reduziert. Viel wichtiger war aber: Nach Abzug der Differenz zwischen dem amtlichen und dem effektiven Leergewicht betrug die Überlast deutlich unter 30 Prozent. Damit wurde die für den Ausweisentzug kritische Marke deutlich unterschritten. Es erfolgte nur eine Verwarnung. Gerade für einen Logistiker wie Toni ist dies Gold oder eben Geld wert.

 

Glück und Instinkt

Toni hatte doppelt Glück im Unglück und einen guten Instinkt: Einerseits konnte es fast nicht sein, dass er sich beim Beladen derart verrechnet haben sollte. Ihm kamen Zweifel an den amtlichen Angaben im Fahrzeugausweis, und er handelte doppelt richtig: Er liess das Gewicht seines Lastzugs messen, und — besonders wichtig — das Messergebnis liess er sich schriftlich vom Strassenverkehrsamt bestätigen. Somit stand die amtliche Messung gegen die amtlichen aber eben nicht zuverlässigen Angaben im Fahrzeugausweis. Andererseits zahlte er die Busse des Staatsanwalts nicht, sondern erhob Einsprache gegen den sogenannten Strafbefehl. Als regelmässiger Leser der ai wusste Toni, dass er sich bereits beim Staatsanwalt wehren muss, wenn er den Ausweisentzug verhindern will.

Zur Erinnerung, wie es zu einem Ausweisentzug kommt: Die Staatsanwaltschaft ist für die Busse zuständig und das Strassenverkehrsamt für den Ausweisentzug. Das Strassenverkehrsamt stützt sich in den meisten Fällen auf die Abklärungen der Staatsanwaltschaft. So auch hier: In der Verfügung des Strassenverkehrsamts von Toni heisst es ausdrücklich, dass das Strassenverkehrsamt die Abklärungen der Staatsanwaltschaft übernimmt. Ein Zahnrad greift in das nächste. Hätte Toni die Busse des Staatsanwalts bezahlt und sich nicht gegen den Strafbefehl gewehrt, hätte er den Führerausweis für einen Monat abgegeben. Der Getriebeschaden wäre unvermeidbar gewesen: Die Nachmessung hätte er nicht mehr zu seiner Verteidigung einbringen können. So aber läuft das Geschäft von Toni ohne Boxenstopp weiter.

Robin Road wünscht Ihnen weiterhin gute Fahrt!

Text: Robin Road
Fotos: Vesa Eskola

 


 

Robin Road hilft

Dr. Rainer Riek — alias Robin Road — schreibt in jeder ai-Ausgabe oder auf unserer Homepage
www.auto-illustrierte.ch über strassenverkehrsrechtliche Themen sowie rund ums Auto im Recht. Er ist Rechtsanwalt und Notar bei www.zp-law.ch und unter anderem spezialisiert auf Strassenverkehrsrecht. Zudem postet er seine Autoquartette auf dem Auto-Blog vonwww.driving.legal.

Wenn Sie ein strassenverkehrsrechtliches Problem oder Fragen dazu haben, schreiben Sie Robin Road eine E-Mail: road@auto-illustrierte.ch

Wichtiger Hinweis: Es handelt sich hier meist um reale Fälle mit geänderten Namen. Jeder Fall ist verschieden und muss einzeln betrachtet werden. Daher erfolgen sämtliche Empfehlungen und Angaben ohne Gewähr.

 

 

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